Harte Nüsse - Planetarische Nebel am Limit der Sichtbarkeit

6. - 8. 7. 2003, Niederleis

Nach meinen Beobachtungen Ende Juni im Mistelbacher Stadtgebiet hatte ich mit zwei Planetarischen Nebeln - Abell 46 und K 1-14 - noch "eine Rechnung offen", und mit Abell 39 einen weiteren schwierigen Kandidaten auf meiner Liste. Ich wollte dazu auf jeden Fall besseren Himmel haben, aber die Sache mit meinem kleinen 5.7" f/6 Maksutov-Newton erledigen - ich wollte es einfach genau wissen...

Die erste vermeintliche Beobachtungschance hätte sich in der Nacht vom 2. auf den 3. Juli ergeben. Nach Durchzug einer Kaltfront war der Himmel "frisch gewaschen", Walter und ich freuten uns auf eine ausnehmend klare Nacht. Wir verabredeten uns auf den Feldern bei Niederleis. Gegen Abend wurden die Wolken tatsächlich immer weniger, und wir hofften vor der nächsten Front noch ein "Fenster" zu erwischen. Leider kam es anders. Bevor es noch richtig dunkel wurde zogen von Südwest immer mehr Schleier herein, und wir mussten unverrichteter Dinge wieder abziehen. Nur durch ein paar Wolkenlücken war uns ab und zu ein Blick auf den Sternenhimmel vergönnt. Schade, welch eine Nacht hätt' das sein können!

Dann hieß es ein paar Tage warten, erst am 6. Juli bot sich die nächste Beobachtungschance. Zumindest zwischen Monduntergang und Beginn der Dämmerung war noch ein nutzbares Zeitfenster mit dunklem Himmel gegeben. Wir vereinbarten wieder einen Treffpunkt oben auf den Feldern bei Niederleis, allein der Wind fegte so vehement daher, dass wir uns in die Ortschaft zurückzogen und an einem windgeschützten und weitgehend lichtgeschützten Platzl aufbauten. Der Wind legte sich später, und weil wir auf Gras standen, hatten wir alsbald leichte Tauprobleme in dieser kühlen Nacht. Der Himmel präsentierte sich durchaus brauchbar, im Zenitraum waren es schon mehr als 5 mag, und die Milchstraße war einigermaßen gut zu sehen.

Zum Einstieg wählte ich etwas "Leichteres", Abell 46. Zur Erinnerung die Daten: 14.3 mag bei 60" Durchmesser. Diesen Burschen hatte ich ja schon bei meiner Beobachtung daheim als gesehen gewertet, das war nun nachzuprüfen. Tatsächlich, bei 87x gelang es Walter und mir mehrmals, an der richtigen Stelle ein bogenminutengroßes, schwaches Nebelfleckerl zu erhaschen. Wir kamen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass es ohne Filter sogar einfacher war als mit UHC Filter. Das war letztlich auch schon mein Eindruck bei der Beobachtung in Mistelbach. Leicht war der Bursche nicht gerade, indirekt kann man so ein schwaches Objekt nicht mehr halten, aber wenn man das Objekt mehrmals definitiv "aufblinken" sieht, darf man es als gesehen werten. Auch die Position und scheinbare Größe passte uns haargenau.

Der Durchzug einer Wolkenbank bescherte uns ein halbes Stündlein Pause. Dann ging es weiter mit K 1-14 (15.1 mag, 48" Durchmesser). Da wir während der Wolkenpause per Computer ein paar Daten austauschten, war die Dunkeladaption natürlich beim Teufel - nicht gerade ideal, wenn man sich auf die Jagd nach sooo einem schwachen Fuzerl macht. Beschlagene und beschlagende Okulare verpassten uns jedoch genug Zeit zum Adaptieren, bis sie in der Hand angewärmt und wieder "betriebsbereit" waren. Dann war noch die Position genau einzustellen, so verging rasch ein weiteres halbes Stündchen. Die Beobachtung kam auf diese Art langsam ins Rollen, und mit etwas Glück hatte ich bereits ziemlich zu Beginn meiner ernsthaften Nachschau den "Freund" erwischt. Walter wollte das natürlich auch sehen, und auch ihm gelang es mehrmals, den äußerst schwachen Nebelfleck - etwas kleiner als Abell 46 - zu erwischen. Natürlich gab ich mich mit einer einzigen Sichtung nicht zufrieden, und probierte es noch einige Male. Bei einem der Versuche hatte ich verdammtes Glück, und konnte indirekt das Nebelfleckerl und den benachbarten schwachen Stern für einen kurzen Moment sehen. Das war nun auch die exakte Verifizierung der Position. Beobachtet wurde ebenfalls bei 87x, mit UHC Filter. Ohne Filter gab es hier nicht den Funken einer Chance.

Nun, so im Nachhinein betrachtet, bin ich mir sicher, dass ich dieses Objekt tatsächlich schon bei meiner Beobachtung daheim, in Mistelbach, erhascht habe. Dem besseren Himmel zufolge war die Sichtbarkeit diesmal "leichter", auch konnten wir ein wenig mehr vergrößern. Von wegen "leichter", diese Beobachtung war definitiv am Limit. Ohne indirektes Sehen geht gar nichts, und man ist zudem auf ein bisserl Glück angewiesen, dass das Auge gerade optimal positioniert ist. Man muss am Okular das Auge gut vor seitlich einfallendem Licht schützen, kann so gegen den dunklen Himmelshintergrund im Okular noch ein wenig weiter dunkel adaptieren, und doch ist nicht jeder Versuch mit Erfolg gekrönt. Wenn sich Ermüdungserscheinungen des Auges abzeichnen, ist es ratsam eine kleine Pause einzulegen und wieder einen neuen Anlauf zu nehmen.

Als nächstes Objekt hatte ich eine kaum weniger harte Nuss auf meiner Liste: Abell 39 (PK 47+42.1): 13 mag bei einem Durchmesser von 170". Von der Helligkeit hört sich das ja nicht so schlimm an, aber auf eine Fläche von fast 3 Bogenminuten verteilt, na ja. Gänzlich unbekannt ist mir Abell 39 nicht, ich hatte ihn im vorigen Jahr schon mehrmals mit meinem 8" f/6 Maksutov-Newton gesichtet. Nun wollte ich ihn mit dem kleineren 5.7 Zöller "erlegen". Mit war schon klar, dass dies kein "Spaziergang" werden würde. Zuerst einmal suchte ich die Position. Dann klemmte ich mich bei 44x mit UHC Filter dran. Nach einigem Herumspechteln hatte ich den Eindruck - halt, da ist doch was - aber bevor ich noch genauer nachhaken konnte, ging im Okular das Licht aus. Urplötzlich, und binnen weniger Minuten hatte es völlig zugezogen. Solide und nachhaltig, wie sich später herausstellen sollte. In Anbetracht der vorgerückten Stunde war dies natürlich Anlass zum Einpacken und Heimfahren.

Die Nacht vom 7. auf den 8. Juli bot die "letzte" Beobachtungschance vor dem nächsten Vollmond: wenigstens eine Stunde zwischen Monduntergang und Beginn der astronomischen Dämmerung. Der Hochdruckeinfluss hatte sich verstärkt, und schon gegen Abend war der Himmel wolkenlos. Ich startete spät, als der Mond schon recht tief stand, nach Niederleis, um auf den Feldern Aufstellung zu nehmen. Walter hatte keine Zeit, so war ich allein. Eine leichter Windhauch aus NNW veranlasste mich bis ans Ostende des Höhenrückens zu fahren, und dort so Aufstellung zu nehmen, dass ich im Windschutz der geöffneten Heckklappe meines Autos beobachten konnte. Bis mein Teleskop, wiederum der kleine 5.7" f/6 Maksutov-Newton, einsatzbereit da stand, war es fast Mitternacht. Um mir die Zeit bis zum Monduntergang etwas zu vertreiben, versuchte ich ein paar Mondfotos mit meiner Digital-Kamera in afokaler Verwendung des Teleskops zu machen.

Der Mond sank tiefer und tiefer, und wechselte die Farbe von chromgelb zu orange, Zeichen von doch erheblichem Horizontdunst. Was mich besorgt die Stirn runzeln ließ, waren Wolken, die vom Südwesten her immer höher stiegen. Verflixt, dachte ich, zieht es schon wieder zu, bevor es noch richtig dunkel wird? Doch auf einmal frischte der Wind auf, und im Nu waren die Wolken weg. Obwohl der Mond noch nicht völlig untergegangen war, machte ich mir bereits an Abell 39 zu schaffen. Bei 44x mit UHC Filter hatte ich ab und zu den Eindruck, ein bleiches Nebelfleckerl zu erhaschen. Doch die Sache war mir zu unsicher, weil der UHC Filter aufgrund des aufgehellten Himmels zurückspiegelte, und dann schaut bald etwas nebelig aus... Auch leuchten ein paar Lampen vom nahen Grafensulz noch kräftig genug her zu diesem Beobachtungsplatz, um am Teleskop einen Lichtschein zu verursachen. Das machte die Sache nicht gerade leichter. Es war verdammt schwierig, das Auge wirklich gut vor Fremdlicht zu schützen.

Nun, da der Mond endlich untergegangen war, präsentierte sich der Himmel zumindest im Zenitraum als durchaus brauchbar, mit einer Grenzgröße gegen 5.3 mag, doch schon auf halber Höhe machte sich der Dunst bemerkbar. Insgesamt nur eine durchschnittlich gute Nacht. Die Milchstraße war wenigstens von Cassiopeia bis Schildwolke einigermaßen gut definiert, weiter südlich verlor sich alles im Dunst und der Wiener Lichtglocke. Kühl war auch diese Nacht, bei 13 Grad und frischem Wind waren warme Unterwäsche, Stiefel und Daunenjacke gut zu vertragen.

Zurück zu Abell 39: leicht war es wieder nicht, doch bei wirklich gutem Abschirmen des Seitenlichtes und mit etwas Glück konnte ich dieses Objekt als bleichen, runden, recht großen Nebelfleck mehrmals erspechteln. Ich würde es fast im selben Schwierigkeitsgrad wie die beiden vorigen Objekte einstufen, denn auch hier brauchte ich recht lange, bis ich genug "momentweise" Blicke erhascht hatte, um sicher zu gehen: das ist er wirklich, und keine Täuschung.

Bis ich zu meinem nächsten "Kandidaten" kam, war bereits eine Aufhellung des NNO-Horizonts bemerkbar. Ich stürzte mich dennoch auf die Suche nach Hu 2-1 (PK 51+9.1). 11.4 mag visuelle Helligkeit bei einem Durchmesser von nicht einmal 3 Bogensekunden weisen auf eine Suche nach der sprichwörtlichen "Stecknadel im Heuhaufen" hin. In der Tat, das Gebiet ist recht sternreich. Zum Glück hatte ich im Voraus schon mittels des Programms Guide die Position nachgesehen. Dabei kam ich drauf, dass dieses Objekt in der Uranometria falsch eingezeichnet ist. Die Sternkarte am Bildschirm und der Himmel im Okular sind aber doch noch zweierlei. Speziell wenn ich mit hoher Vergrößerung "draufknallen" wollte, verlor ich rasch die Orientierung und wunderte mich dann, dass der vermeintliche Kandidat auf Blinken mit Nebelfilter nicht recht reagierte. Angesichts des fortschreitenden Dämmerungsbeginns stieg ich schließlich wieder auf 40x zurück, um nochmals die Übersicht zu gewinnen. Dabei, so vermute ich, habe ich die Position doch exakt  gefunden, zumindest ein Stern in der fraglichen Helligkeit war dort. Da mir die Zeit davonlief, gab ich mit diesem Ergebnis vorerst auf. Eine Nachschau im Buch "Planetary Nebulae" von Steven J. Hynes enthält eine detaillierte Aufsuchkarte, die den Nebel allerdings nicht sternförmig, sondern als kleinen "Kringel" zeigt. Das will also noch genauer erforscht werden.

Einen allerletzten Versuch unternahm ich noch, ein weiteres Objekt wenigstens "anzuspechteln": M 3-27 (PK 43+11.1). Mit 13.9 mag bei 5" Durchmesser schaut dies ebenfalls nach einer heiklen Suche aus. Die Umgebung hatte ich recht rasch gefunden, da an der betreffenden Stelle jedoch gleich ein Gewurl von schwachen Sterndln war, gab ich auf.

Bevor ich mein Teleskop abbaute, riskierte ich noch einen Blick auf Mars. Bei 174x war allerdings seeingbedingt wenig zu erkennen. Damit ließ ich's, packte zusammen, und fuhr heim.

Drei harte Nüsse erfolgreich geknackt, zumindest im zweiten Anlauf definitiv. Vielleicht klappt's ja mit den anderen beiden auch noch. Sollte ich Zeit finden, werde ich es zum nächsten Neumond erneut probieren. Bis dahin habe ich vermutlich noch weitere solcher "unmöglicher" Objekte auf der Liste :-)

Howdii