Testbericht: TS 203 mm f/12 Cassegrain

Prolog

Die Covid-19 Auswirkungen sind mannigfaltig. Lieferprobleme in vielen wirtschaftlichen Bereichen. Auch der Astronomie Sektor ist stark betroffen. Da kann man nicht wählerisch sein, im Fall des Falles muss man nehmen, was es gibt. Auf Kunden Anfrage bot ich den 6" f/12 Cassegrain an, hätte ja auch eine passende Montierung dafür da. Aber, der Preis verdächtig günstig, und überhaupt, ob 6" reichen würden. Na gut, gibt auch größer, als 8" f/12, auch noch transportabel, und mit dem sieht man sicher ein bisserl tiefer, und hat sicher ein helleres Bild. So kam es, dass ich den 203 mm f/12 Cassegrain bestellen durfte.

Der 203 mm f/12 Cassegrain, hier auf der iOptron ieq45. Unten dran ist die 2" Prismenschiene.
Der 8" sieht etwas mächtiger aus als der 6" Cassegrain, sonst aber sehr, sehr ähnlich.

Erste Eindrücke und Details

Auch beim 8" Cassegrain war der Staubschutzdeckel etwas locker. Es sind hier einige Streifen Veloursfolie beigeklebt. Wie ich später gesehen habe, kommt es stark auf die Temperatur an, ob der Deckel stramm sitzt, sogar sehr stramm, oder locker. Diesen Effekt beobachtet man ja auch bei Newton und Dobson Teleskopen des Herstellers. Es ist wie es ist, Kunststoff und Metall haben eben eine andere Wärmedehnung, und es mag leichte Abweichungen geben bei der Herstellung des Plastikdeckels. Doch nun zum Teleskop und seinen Features, in Bildern.

Das Teleskop kommt auch mit einer 3" Prismenschiene. Die Schienen sind austauschbar, je nachdem, welche Aufnahme die Montierung hat.
Die nicht benötigte Schiene kann abmontiert werden, um Gewicht zu sparen. Oder man lässt sie drauf, so kann man den Tubus besser packen.

Der 8" Cassegrain kommt mit einem 2" Monorail Auszug, mit 1:10 Untersetzung. Der Fokussierweg beträgt 50 mm. Eine Skala zum Ablesen des Fokussierweges ist vorhanden.
Obenauf, die große Rändelschraube dient zum Fixieren der Fokusposition.

Unten gibt es eine Schraube zum Einstellen der Tragkraft. Natürlich wird der Fokussierer schwergängiger, wenn man diese Schraube stärker anzieht.

Um mit dem angeschlossenen Zubehör in den Fokus zu kommen, sind M90 Verlängerungshülsen notwendig, die vor dem Fokussierer eingeschraubt werden. Im Lieferumfang sind zwei Stück 25 mm und eine 50 mm Hülse enthalten. Der Neigeflansch muss extra bestellt werden.

Die Kundenkofiguration: Direkt am Tubus eine 25 mm Hülse, dann der Neigeflansch, dahinter noch eine 25 mm Hülse, dann der Fokussierer. So kommt man auch noch an die Hauptspiegel Justierschrauben ran.
Der Sucherschuh gehört zum Lieferumfang, kann links oder rechts montiert werden.

Der Blick in den Tubus: die Innenblenden, eigentlich obsolet. Die Spinnen Arme sind 1.5 mm stark. Die lineare Obstruktion durch die Sekundärspiegel Blende beträgt 33%.

Ein Wort zu den Innenblenden im Tubus. Man liest, sie seien da zur Kontrastverbesserung. Mhm. Eigentlich haben wir Blenden für Hauptspiegel und Fangspiegel, um das spezifizierte Feld streulichtfrei auszuleuchten. Warum funktionieren Gittertuben? Da ist ja alles offen, kann Licht von der Seite auf den Hauptspiegel. Es liegt eben an den Blenden für die beiden Spiegel, den korrekten Streulichtschutz herzustellen. Somit sind diese Blenden an der Tubus Innenwand de facto nutzlos. Vielleicht doch nicht, wenn sie recht stramm sitzen, wird der Tubus dadurch steifer.

Im Lieferzustand war die 3" Schiene unten, die 2" Schiene oben. Nachdem es geplant war, das Teleskop für eine Montierung mit 2" Aufnahme zu verwenden, musste ich erst die beiden Schienen gegeneinander tauschen, weil sonst der Sucherschuh unten hängen würde. Also nun 2" Schiene unten, 3" Schiene oben, und Sucherschuh auch oben. Braucht man eine Schiene nicht, kann man sie auch abmontieren. Man spart z.B. mit der 3" Schiene 550 Gramm ein, die man nicht heben muss, die die Montierung nicht tragen muss.

Die Eckdaten des Teleskops: 203 mm Öffnung, 2436 mm Brennweite, demnach ein f/12 System. 99% Verspiegeung, auf Haupt- und Sekundärspiegel. Spiegelsubstrat ist Quarzglas. Die Auslegung für ein gut geebnetes Feld bedingt eine relativ große Obstruktion, 33% linear. Gewicht: 8.2 kg: Tubus, mit beiden Schienen montiert, und Fokussierer. Damit ist es ja nicht getan, es kommt der Neigeflansch dazu, und je nach Zubehör, eine oder beide 25 mm M90 Verlängerungshülsen, oder vielleicht auch die 50 mm. Dann freilich noch Sucher, Zenitspiegel und Okular bzw. Reducer und Kamera. Laut Spezifikation beträgt das ausgeleuchtetes Feld für die Astrofotografie 40 mm.

Test Vorbereitung

Da ich schon weiß, ohne Neigeflasch gibt es keine saubere Justierung, hatte ich diesen gleich mitbestellt. Und gar nicht mal gehofft, dass die Optik justiert wäre. Aber dennoch etwas unvorsichtig, wird vielleicht gut gehen, was beim 6" Cassegrain auch gegangen ist, dengelte ich den Neigeflansch direkt an den Tubus. Nun noch die zwei 25 mm M90 Verlängerungen anschrauben. Aber wie schon beim 6" Cassegrain, als ich die M90 Verlängerung auf den Neigeflansch schrauben wollte, meinte ich. das Gewinde passt gar nicht. Ich bin etwa eine dreiviertel Umdrehung rein gekommen, und dann aus. Was, hab ich schief angesetzt? Neuer Versuch, es wird nicht besser. Dann mit mäßiger Gewalt, ist es etwas weiter gegangen, um wiederum stecken zu bleiben. Ich musste erst den Neigeflansch wieder abschrauben, beide Teile in die Hand nehmen, und die M90 Verlängerung mit Gewalt drauf würgen. Ich musste so hart zupacken, dass die scharfe Kante der M90 Verlängerung die Haut an mehreren Fingern angeschlitzt hatte - gerade dass kein Blut geflossen ist. Meiner Seel', solche M90 oder M117 Neigeflansche hatte ich schon öfter in der Hand. Aber so ein Drama beim Aufschrauben einer Verlängerungshülse noch nie.

Dann den Fokussierer dran geschraubt. Das ist auch so eine Sache. Der Monorail Fokussierer hat nur einen ganz schmalen Bund, mit dem er auf der Verlängerungshülse aufliegt. Die Wahrscheinlichkeit, ihn verkippt drauf zu schrauben ist hoch. Sicherheitshalber war das Teleskop senkrecht gestellt. Nun mal den Laser rein. Wie erwartet, der Strahl traf die Ring Mittenmarkierung des Sekundärspiegels nicht. Etwa so viel außerhalb, wie ich es auch beim 6" Cassegrain gesehen habe. Alsdann, den Fokussierer gerade gerichtet, den Sekundärspiegel dazu justiert, soweit fertig für einen Test.

First Light, Justierung und Beobachtung

Ich war gespannt. Eine klare Nacht bahnte sich an, also raus mit dem Teleskop in die Garage, dort ist es kühler. Zu kurz, die Lagerung dort. Es war noch ein Weilchen Thermik im Tubus. Ich musste abwarten, bevor ich eine Beurteilung abgeben konnte. Und dann ein Check der Justierung: Auweih, Koma, stark. Das heißt, ohne den Hauptspiegel anzugreifen, geht es nicht. Ich wusste schon, das artet aus.

Damit musste ich erst mal umkonfigurieren. Erst eine 25 mm Hülse direkt an den Tubus, dann den Neigeflansch, dann die zweite 25 mm Hülse, und letztlich den Fokussierer dran. So kommt man noch an die Hauptspiegel Justierschrauben ran. Erst war wiederum die Achse Fokussierer - Sekundärspiegel herzustellen.

Jetzt war wieder eine klare Nacht gefragt. Die erste mögliche Gelegenheit war doch keine, es klarte zu spät auf. Die nächste Chance sah gut aus, ich konnte in der Dämmerung aufbauen. Das Teleskop war auch schon besser austemperiert, ich konnte fast direkt zur Arbeit gehen. Was ich zu tun hatte, wusste ich. Schon zweimal war ich genötigt, an einem 8" und einem 10" RC den Hauptspiegel auch zu justieren. Es war demnach der zeitaufwändige Prozess, sich iterativ einer perfekten Justierung anzunähern, da bei jedem Justiervorgang des Hauptspiegels der Fokussierer mit geht. Anschließend muss dieser wieder nachjustiert werden. Aber dann die Erlösung, perfekte Sternabbildung, scharf! Und da sah ich auch schon die Bildhelligkeit ist für einen Achtzöller sehr gut! Die Sterne knallen richtig! Ich war schon angefixt.

Das Teleskop war somit bereit für eine Test Beobachtung. Auf eine gute Nacht musste ich neuerlich warten. Am Ostersonntag, dem 4. 4. 2021 war es soweit. Ich darf an dieser Stelle wieder auf meinen Beobachtungsbericht verweisen. Abschließend kann ich nur sagen, Respekt, Respekt. Wenn die Bedingungen mitspielen, ist's ein Fest!

Fazit

Im Prinzip steht der 8" f/12 Cassegrain in direkter Konkurrenz zu einem C8. Der Preis ist quasi gleich mit einem aktuellen C8 Tubus. Preislich, für den 8" Cassegrain muss man den Neigeflansch noch mitrechnen, aber auch das C8 hätte gern noch einen externen Fokussierer. So käme ein C8 am Ende noch ein bisserl teurer. Das C8 hat den Vorteil, alles fokussieren zu können, mit dem Nachteil, dass mehr oder minder Spiegelshifting vorhanden sein wird. Der 8" Cassegrain muss mit Verlängerungshülsen in den benötigten Fokusbereich gebracht werden, dafür gibt es einen fixierten Hauptspiegel, und bessere Zielgenauigkeit auf einer Goto Montierung.

Die Bildhelligkeit ist für einen Achtzöller sensationell. 99% auf beiden Spiegel, keine Linse davor. Das alte C8 im Testvergleich, siehe Beobachtungsbericht, bringt vielleicht ein etwas besseres Coating als MgF2 auf der Schmidtplatte, und die Spiegel haben grad mal etwa 91%. Ein heutiges C8 hat Multicoating auf der Schmidtplatte, und etwa 95% Verspiegelung. Da sollte der 8" Cassegrain immer noch drüber liegen, merken wird man es aber nur, wenn man aufmerksam beobachtet und eine gute Vergleichsmöglichkeit hat. Die Performance des 8" f/12 Cassegrain war überzeugend.

Die Justierung: ich weiß ja schon, dass diese Teleskope, auch die RC, nicht justiert ankommen. Und ich weiß auch, wenn man am Hauptspiegel angreifen muss, dass es aufwändig wird. Versierte Amateure, die die Grundlagen der Justierung von Spiegelteleskopen verstanden haben, und die erforderlichen Tools, werden es ja hin bekommen. Als Einsteiger traut man sich ja oft nicht einmal irgendwo schrauben, weil es noch schlimmer werden könnte, was auch immer wieder passiert bei unkundigen Justierversuchen. Solche "Patienten" habe ich schon öfter in der Hand gehabt. Trickreich ist die Sache ohnehin, obwohl alles so viel einfacher laufen könnte. Es liegt eben an der Bauart dieser Teleskope. Das ist der Wermutstropfen an der Sache. Aber nur ein wirklich perfekt justiertes Teleskop dieser Bauart wird Freude bereiten.

Howdii